Zum stillschweigenden Vertragsschluss durch Energieverbrauch

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energieZum stillschweigenden Vertragsschluss durch Energieverbrauch

Der Bundesgerichtshof hat heute eine weitere Entscheidung zu der Frage getroffen, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn ein schriftlicher Liefervertrag nicht abgeschlossen worden und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist.

Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, begehrt von der Beklagten als Mitmieterin eines Einfamilienhauses in Berlin eine Vergütung in Höhe von 6.964,75 € für das in dem Einfamilienhaus in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 23. Juli 2008 verbrauchte Gas. Die Beklagte hatte den gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten abgeschlossenen Mietvertrag aus „Bonitätsgründen“ als zweite Mieterin unterschrieben, in dem Einfamilienhaus allerdings nicht gewohnt.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgte, hatte Erfolg.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung, dass sich das in dem Leistungsangebot des Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (sogenannte „Realofferte“) typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, präzisiert. Es kommt danach nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung, sondern auf die hierdurch vermittelte Zugriffsmöglichkeit auf den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt an. Soweit das Grundstück vermietet oder verpachtet ist, steht die tatsächliche Verfügungsgewalt entsprechend der aus dem Mietvertrag folgenden rechtlichen Befugnis dem Mieter zu. Das gilt auch für mehrere gemeinschaftliche Mieter eines Einfamilienhauses. Dementsprechend richtet sich mangels anderer Anhaltspunkte das Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter.

Das typischerweise an alle Mieter gerichtete Angebot des Energieversorgungsunternehmens wird von demjenigen, der die Energie entnimmt, konkludent angenommen, und zwar sowohl für sich selbst als auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter. Die Vertretungsmacht beruht im Streitfall jedenfalls auf den Grundsätzen der Duldungsvollmacht. Indem die Beklagte den Mietvertrag unterzeichnete und den Mitmieter im Anschluss daran allein in das Haus einziehen ließ, duldete sie es willentlich, dass er die – zur Nutzung zwingend erforderliche – Heizung in Betrieb nahm, Gas verbrauchte und damit die Realofferte der Klägerin annahm.

Urteil vom 22. Juli 2014 – VIII ZR 313/13

LG Berlin – Urteil vom 1. August 2012 – 13 O 201/1

KG Berlin – Urteil vom 10. Oktober 2013 – 22 U 233/12

Karlsruhe, den 22. Juli 2014

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2014

Keine Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung bei Verspätung wegen verzögerter Landeerlaubnis

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reiseKeine Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung bei Verspätung wegen verzögerter Landeerlaubnis

Der Kläger verlangt eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wegen erheblicher Verspätung.

Er buchte bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen für den 27. April 2006 eine Flugreise von Hamburg über Paris nach Atlanta. Der Zubringerflug nach Paris startete pünktlich, landete jedoch verspätet, weil zunächst keine Landeerlaubnis erteilt wurde. Der Kläger verpasste infolgedessen den pünktlich abgehenden Anschlussflug nach Atlanta. Da ein Weiterflug nach Atlanta erst wieder am nächsten Tag möglich war, bemühte sich der Kläger um eine entsprechende Verschiebung seines ursprünglich für den 27. April 2006 in Atlanta geplanten Geschäftstermins. Der Termin konnte jedoch erst mehrere Tage später stattfinden. Der Kläger ließ daher den Flug nach Atlanta entsprechend umbuchen und reiste nach Hause zurück.

Die Klage, die ursprünglich auch noch auf Ersatz weitergehender Schäden gerichtet war, ist hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs nach der Fluggastrechteverordnung in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die vom Landgericht insoweit zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Zwar sind entgegen der Annahme der Vorinstanzen die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung* wegen erheblicher Verspätung erfüllt, weil die verspätete Ankunft des Zubringerfluges in Paris dazu geführt hat, dass der Kläger sein Endziel Atlanta nicht früher als drei Stunden nach der geplanten Ankunft erreichen konnte. Ebenso wenig ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, weil der Kläger den ihm für den verpassten Anschlussflug angebotenen Ersatzflug nach Atlanta nicht angetreten hat. Denn der Kläger hat gleichwohl einen nach der Fluggastrechteverordnung auszugleichenden Zeitverlust erlitten.

Allerdings hat die Zurückweisung des Ausgleichsanspruchs durch das Landgericht im Ergebnis gleichwohl Bestand. Die Verspätung des Fluges beruhte darauf, dass das pünktlich gestartete Flugzeug am Ankunftsflughafen keine Landeerlaubnis erhielt. Damit ging die Verspätung auf „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung zurück***, die die Verpflichtung eines Luftverkehrsunternehmens zu Ausgleichszahlungen entfallen lassen.

Urteil vom 13. November 2013 – X ZR 115/12

AG Hamburg – Urteil vom 2. Februar 2011 – 6 C 218/08

LG Hamburg – Urteil vom 29. August 2012 – 318 S 56/11

Karlsruhe, den 14. November 2013

*Art. 7 der Verordnung: „Ausgleichsanspruch“

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

***Art. 5 der Verordnung: „Annullierung“

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen …

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …

(3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 14.11.2013

Zur Schadensersatzpflicht des Mieters bei Rückgabe der neutral dekoriert übernommenen Wohnung mit einem farbigen Anstrich

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anstrichZur Schadensersatzpflicht des Mieters bei Rückgabe der neutral dekoriert übernommenen Wohnung mit einem farbigen Anstrich

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob ein Mieter zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutralen Farben gestrichene Wohnung mit einem farbigen Anstrich versieht und so an den Vermieter zurückgibt.

Die Beklagten waren von Anfang 2007 bis Juli 2009 Mieter einer Doppelhaushälfte der Klägerin. Die Beklagten, die das Objekt frisch in weißer Farbe renoviert übernommen hatten, strichen einzelne Wände in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) und gaben es in diesem Zustand zurück. Die Klägerin ließ im August 2009 die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen. Sie wendete hierfür einen Betrag von 3.648,82 € auf.

Die Klägerin hat nach teilweiser Verrechnung mit der von den Beklagten geleisteten Kaution Zahlung von 1.836,46 € nebst Zinsen begehrt. Die Beklagten haben widerklagend die Rückzahlung der zu Beginn des Mietverhältnisses geleisteten Kaution nebst Zinsen geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten unter Abweisung im Übrigen zur Zahlung von 874,30 € nebst Zinsen verurteilt; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Mieter gemäß §§ 535, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB* zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird und eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich macht. Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Schadenshöhe wurden von der Revision nicht beanstandet und begegnen keinen Bedenken.

* § 280 BGB:

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (…)

§ 241 BGB:

(1) …

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Urteil vom 6. November 2013 – VIII ZR 416/12

AG Friedberg – Urteil vom 10. Februar 2012 – 2 C 176/12

LG Gießen – Urteil vom 7. November 2012 – 1 S 71/12

Karlsruhe, den 6. November 2013

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs vom 06.11.2013